Die Kultur der 'Weltzivilisation'

Beurteilung der heutigen 'Kulturen'

Heute existiert faktisch nur noch eine dominante Kulturform: die globale Zivilisationskultur. Ob europäisch, amerikanisch, asiatisch, russisch oder islamisch geprägt – diese Gesellschaften unterscheiden sich heute vor allem in ethnischer, historischer oder religiöser Hinsicht. In ihren grundlegenden zivilisatorischen Strukturen jedoch – technologische Orientierung, Konsumverhalten, Wachstumsdenken – ähneln sie sich so stark, dass sie kaum noch als eigenständige Zivilisationen betrachtet werden können. Sie sind vielmehr kulturelle Varianten ein und derselben globalisierten Zivilisationskultur.

 

Was ihnen durchweg fehlt, ist ein tief verankertes Bewusstsein dafür, dass die Erde ein lebendiger Organismus ist – unsere gemeinsame und verletzliche Lebensgrundlage, um die wir Sorge tragen müssen.

 

Gerade dieses Bewusstsein war und ist in vielen indigenen Kulturen zentral. In ihnen galt die Natur nicht als Ressource, sondern als Teil eines umfassenden Beziehungsgefüges zwischen Mensch, Erde und Kosmos. Diese ganzheitliche Sichtweise – wie ich sie in meinem Erlebnisbericht auf dieser Seite schildere – steht in deutlichem Kontrast zur Logik moderner Zivilisation.

 

Deshalb spreche ich bewusst von einer einzigen, globalen Zivilisationskultur im Gegensatz zu den nativen Kulturen, die einst über den ganzen Erdball verteilt waren, heute aber weitgehend verdrängt wurden oder ganz verschwunden sind. Mit ihnen droht der Menschheit auch der Verlust jener Perspektiven, die für unser Überleben im 21. Jahrhundert entscheidend sein könnten.

 

 

In diesem Sinne betrachte ich die heutigen sogenannten „Kulturen“ – ob europäisch, amerikanisch oder islamisch geprägt – eher als Ethnien: Gruppen mit unterschiedlichen Prägungen innerhalb einer im Kern gemeinsamen Kulturform.

 

Wissenschaftlich Einordnung

Es gibt eine zunehmende Vereinheitlichung zur globalen Zivilisationskultur: Viele Forschende sprechen von einer "Weltzivilisation", in der lokale Unterschiede in Konsum, Mediennutzung, Wirtschaftsform und politischer Struktur weitgehend angeglichen werden. Diese Homogenisierung wird durch Globalisierung, Digitalisierung und westlich geprägte Modernitätsvorstellungen verstärkt (Durston, 1993), (Ekeanyanwu, 2022).

 

Moderne Kulturen teilen zentrale Grundmerkmale: Trotz regionaler Unterschiede sind heutige Gesellschaften – ob europäisch, amerikanisch, islamisch oder asiatisch – in wesentlichen Aspekten wie Staatsform, Wirtschaftssystem, Bildung, Technik und Konsumlogik sehr ähnlich. Diese Unterschiede sind eher ethnisch-kulturell als zivilisatorisch grundlegend (Sissons, 2005).

 

Indigene Kulturen unterscheiden sich fundamental durch ihr Weltbild: Eine Schlüsselunterscheidung liegt im Verhältnis zur Natur. Viele indigene Weltanschauungen beruhen auf einem tiefen Bewusstsein für die Verbundenheit von Mensch, Natur und Kosmos. Dieses Denken ist in modernen Kulturen meist verloren gegangen oder marginalisiert (Khairullina et al., 2015), (Watene & Yap, 2015).

 

Indigene Kulturen betonen Fürsorge und Verantwortung für die Erde: Anders als in der dominanten Zivilisationskultur ist in indigenen Kulturen ein ökologisch-spirituelles Bewusstsein zentral: Die Erde wird nicht als Ressource, sondern als lebendiges Gegenüber betrachtet, zu dem es eine ethische Beziehung gibt (Smith & Ward, 2001).