Smartphones & KI

Leserbrief an die 'watson' Redaktion

 

Betreff: Gegen Handyverbote – für digitale Kompetenz

Sehr geehrter Herr Schurter,

Handyverbote in Schulen mögen gut gemeint sein – doch sie verfehlen das Ziel. Statt Probleme zu lösen, fördern sie gesellschaftliche Spaltung und bremsen dringend nötige digitale Bildung aus.

 

Natürlich bergen Smartphones, Künstliche Intelligenz und permanente Erreichbarkeit große Risiken. Diese sind real und ernst zu nehmen. Doch diese Technologie lässt sich nicht (mehr) verbannen – sie ist längst Teil unserer Welt. Der einzige sinnvolle Weg ist ein kompetenter, frühzeitiger, breit verfügbarer und tiefgreifend erlernter Umgang damit – insbesondere im schulischen Kontext.

 

Wie bei jeder potenziellen Abhängigkeit gilt: Wer bloß verbietet, verlagert das Problem ins Verborgene – und fördert Missbrauch. Wer hingegen aufklärt, erklärt, trainiert und begleitet, ermöglicht einen reflektierten Umgang. Wer Kindern von klein auf Eigenverantwortung im Umgang mit digitalen Technologien zutraut und sie entsprechend unterstützt, wird junge Erwachsene erleben, die kompetenter und selbstbewusster mit diesen Werkzeugen umgehen als wir heute.

 

Das Smartphone ist längst nicht mehr bloß Ablenkung – es ist Arbeitsplatz, Kommunikationszentrale und kreatives Werkzeug. ChatGPT und andere KI-Tools gehören inzwischen auch für viele meiner ebenfalls älteren Kolleginnen und Kollegen zum täglichen Handwerkszeug. Der Zugang dazu entscheidet zunehmend über Bildungserfolg, berufliche Perspektiven und gesellschaftliche Teilhabe.

 

Verbote hingegen fördern Rückschritt: Sie ermutigen überforderte Eltern zu pauschalen Verboten auch zu Hause. Kinder aus bildungsnahen Haushalten erhalten so einen strukturell bedingten Vorsprung. Wer hingegen erst mit 16 Zugang zu digitalen Werkzeugen erhält, ist faktisch abgehängt. Das Ergebnis? Eine neue Form digitaler Klassengesellschaft.

 

Auch wirtschaftlich wird das spürbar: Regionen mit restriktiven Regelungen verlieren mittelfristig den Anschluss – an gut ausgebildete Fachkräfte, an Innovation, an Zukunft. Unternehmen achten längst darauf, wo digitale Kompetenz gefördert wird.

 

Und global betrachtet: Wohlhabende Länder haben deutlich besseren Zugang zu digitalen Technologien. Wenn wir diesen Zugang hierzulande ebenfalls beschneiden, ziehen wir eine neue Trennlinie mitten durch unsere Gesellschaft. Der Abstand zwischen privilegierten und benachteiligten Schichten wird sich verschärfen – mit spürbaren Folgen, früher als gedacht.

 

 

Deshalb mein Appell: Setzen Sie auf Aufklärung statt Ausgrenzung. Auf Kompetenz statt Kontrolle. Und auf Vertrauen statt Verbote.